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Langjähriger Kaffeekapitän der Migros wird Chef von Felfel

Handelszeitung: Langjähriger Kaffeekapitän der Migros wird Chef von Felfel

Vom orangen Riesen zum klein-kecken Betriebsverpfleger: Der Ex-Chef der Migros-Industrietochter Delica brüht neu auf. 

Was schreibt man als Führungskraft auf dem Karriereportal LinkedIn, wenn man sich nach langen Migros-Jahren «between Jobs» neu orientiert? Der frühere Migros-Kaffee-Chef Raphael Gugerli fand für sich diese neue Interimsrolle: «Learner and Advisor» – Lernender und Beratender. Beides kann er im neuen Job wieder anwenden. Wenn auch auf kleinerer Stufe. Nach 15 Jahren beim orangen Riesen – am prägendsten war wohl seine Zeit als Chef der Industrietochter Delica – packt es Raphael Gugerli nun noch einmal: Ab Januar 2025 wird er Chef des Zürcher Betriebsverpflegers FELFEL, wie das Unternehmen mitteilt. FELFEL ist bekannt durch seine smarten Kühlschränke, die an rund tausend Schweizer Standorten stehen.

Von Delica zu Felfel, von 2200 Angestellten auf 150

Bei Delica war Gugerli Chef eines systemrelevanten internen Migros-Belieferers: Chocolat Frey, Café Royal, Blévita-Crackers, Seehund-Glacé und viele weitere Marken und Artikel gehören zum internen Giganten, der die Migros-Supermärkte mit Eigenmarken alimentierte. Ebenfalls bekannt: Coffee B, das Migros-eigene Kaffeesystem auf Basis von kompostierbaren Bällchen, die allerdings in einer wirtschaftlichen Sichtweise noch nicht richtig ins Rollen kamen, nicht im Inland und auch nicht ennet der Schweizer Landesgrenzen. Bei der Frage, wie sehr sich Delica auch im Ausland engagieren sollte, kam es zu Uneinigkeiten mit dem neuen Migros-Chef Mario Irminger, der dem orangen Riesen und seinen Industriebetrieben mehr Schweiz-Fokus verordnet hat. Im März 2024 verliess Guggerli Delica aufgrund unterschiedlicher strategischer Ansichten.

2200 Menschen führte Gugerli bei Delica, bei FELFEL werden es gerade noch 150 sein. Nicht mal mehr ein Zehntel der vormaligen Untergebenen – eine Minus-Veränderung, die man in maskulin geprägten Managerkreisen als Abstieg wahrnehmen könnte. Nicht so Gugerli: «Auch bei Delica ging es oft um kleinere Firmeneinheiten. Und Grösse allein, das weiss ich aus meiner Zeit bei der Migros, ist nicht immer ein Garant für Dynamik.»

Spannend an FELFEL finde er, sagt Gugerli, «dass es hier um ein Unternehmen im Familienbesitz geht, welches mit starkem unternehmerischen Anspruch geführt wird. Da ziehen alle am gleichen Strick.» Gugerli sieht sein neues Terrain als eine Mischung aus angestammtem und neuem Wissen: «Bei FELFEL handelt es sich quasi um eine Kreuzung aus Lebensmittelunternehmen und Foodtech mit digitaler Stossrichtung. Da kann ich viel einbringen – und auch viel lernen.»

Kein Konkurrenzverbot

An Berührungspunkten zu seinem alten Arbeitgeber mangelt es nicht. Einerseits hat FELFEL 2022 die Migros-Tochter Snäx übernommen, die wie FELFEL im Geschäft der Automatenbetriebsverpflegung ist. Und FELFEL sicherte sich vor zwei Jahren die Marken- und Logorechte an der vergilbten Schweizer Lädelimarke Usego, die im FELFEL-Reich zur Betriebsverpflegungsmarke für Arbeiterinnen und Arbeiter umgestaltet werden soll.

Kommt dazu: Mit Gavetti hat FELFEL eine eigene Bürokaffeemarke kreiert. Hier kann Gugerli aufgrund all seiner Kaffeeerfahrungen wohl richtig aufbrühen.

Bei so vielen Berührungspunkten fragt es sich, ob die Migros Gugerli einfach so ziehen liess – oder ob sie ihm nicht ein mindestens teilweises Konkurrenzverbot aufgebrummt hatte. Immerhin trägt der Mann eine Menge Lebensmittelgeheimwissen aus dem Migros-Terroir mit sich. Gugerli sagt es so: «Kein Konkurrenzverbot, aber Geheimhaltungspflicht.»


Publiziert von Andreas Güntert, 25.10.2024 in der Handelszeitung.