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FELFEL schluckt Migros-Tochter Snäx

Handelszeitung: FELFEL schluckt Migros-Tochter Snäx

Migros verkauft ihr Tochterunternehmen Snäx an FELFEL. Ein ungewöhnlicher Schritt im Markt der Mitarbeiter-Verpflegung.

Intelligente Kühlschränke für Mitarbeitende, die sich schnell und gesund verpflegen wollen: Das ist ein Hype-Thema in der hiesigen Food-Tech-Szene. Eine ganze Anzahl Firmen mischt in der Kantinen-Ersatz-Szene mit. Als Pionier auf diesem Feld gilt das 2014 gegründete Familienunternehmen FELFEL, das in der Schweiz 800 Kunden hat.  

Jetzt beisst das Zürcher Jungunternehmen bei einem Mitbewerber zu. FELFEL übernimmt die Migros-Tochter Snäx, die von der Migros-Innovationsabteilung Sparrow Ventures 2019 ins Rennen geschickt wurde.

Anna Grassler, Co-CEO von FELFEL, ist happy mit der Übernahme: «Ein kleines Jungunternehmen übernimmt ein Startup eines grossen Players – das ist natürlich ein sehr emotionaler Moment für uns.»

Konkret übernimmt FELFEL, so Grassler, «rund achtzig Standorte, die Marke und einzelne Talente von Snäx». Das Snäx-Management sei nicht Teil des Deals. Bei Kunden und Standorten gebe es nur sehr wenige Überschneidungen. Was der Kleine dem Grossen dafür bezahlt hat? Diese Zahl will Grassler nicht aus dem Kühlschrank holen.

Doppelt erstaunliche Bewegung

Technologisch scheint Snäx die Welt der smarten Kühlschränke nicht neu erfunden zu haben. Grassler: «Bis Ende März 2023 werden wir unsere Automaten an den übernommenen Standorten postieren. Snäx nimmt seine alten Automaten zurück.»

Profis staunen bei dieser Übernahme gleich doppelt. Erstens ist der Schritt ungewöhnlich für Sparrow Ventures. Bisher hatte sich der 2018 gegründete Venture-Arm der Migros als investierende und übernehmende Partei gezeigt. So etwa 2019 mit der Beteiligung am Schweizer Dental-Startup Bestsmile (Komplettübernahme erfolgte 2022), 2021 mit einer Beteiligung am digitalen Vermögensverwalter Selma Finance und dieses Jahr mit einer Investition in die Schweizer Camping- Plattform Nomady.

Lorenz Lüchinger, Chef von Sparrow Ventures, ordnet so ein: «In der Regel bauen wir Startups für die Migros-Gruppe. Der Verkauf von Snäx ist eine situative Sache, es hat gepasst mit FELFEL.»

Beobachter staunen auch, dass es Snäx nicht gelungen ist, in drei Jahren mehr Standorte zu besetzen. Zu vermuten wäre gewesen, dass es im grossen Migros-Reich endlose Möglichkeiten mit geringer Eintrittsbarriere gegeben hätte.

Mit nur achtzig Standorten in drei Jahren war das Verpflegungs-Startup schwach vertreten; dies mit einem kostenintensiven Geschäftsmodell, das alle Player im Griff haben müssen: Die Food- Produktion muss so gesteuert werden, dass es nicht zu Food-Waste kommt, was technologisch eine anspruchsvolle Aufgabe ist.

Kommt dazu: Die intelligenten Kühlschränke müssen regelmässig nachgefüllt werden, was hohe Personalausgaben mit sich bringt. Zur schwachen Entwicklung von Snäx bringt Sparrow-Venture- Chef Lüchinger den Corona-Faktor ins Spiel: «Als Snäx in die Wachstumsphase kam, wirkte die Pandemie als starker Bremser. So gesehen sind wir sehr zufrieden mit der Entwicklung von Snäx.»

Kommen die Angestellten zurück aus dem Homeoffice?

Was sich die ganze Branche fragt: Wie wird sich der Markt weiterentwickeln? Wichtig für alle Player ist es, dass White-Collar-Mitarbeitende sich nicht allzu sehr im Homeoffice verschanzen, sondern relativ stabil an ihren Arbeitsplätzen sind und dort Gebrauch machen vom Angebot von FELFEL und Co.

Grassler sieht die Situation so: «Anhand des Kaffee-Konsums an unseren Automaten sehen wir, dass Büroangestellte aktuell an durchschnittlich 3,7 Tage pro Woche in den Büros ihrer Arbeitgeber sind. Diese Zahl ist seit Frühling 2022 stabil.»


Publiziert von Andreas Güntert, 02.12.2022 in der Handelszeitung.