Eigentlich ist es nur ein Kühlschrank. Sieben Abteile, die sorgfältig sortiert sind, gefüllt etwa mit Linsensalat, Poké Bowls, Brownies und Kräutertee. Aber dann beginnt Daniela Steiner über den Kühlschrank zu reden, nein, ihn zu lobpreisen – ihren Felfel und den «spark of joy», den er verbreiten könne.
Spätestens dann spürt man, in diesem Kühlschrank, hinter diesen sieben Abteilen, muss sich mehr verbergen. Das spezielle Gerät steht in der Binz, im sechsten Stock eines Bürogebäudes.
Es herrscht Start-up-Atmosphäre: Grossraumbüro, viele Bildschirme, viel Holz, eine Küche, in der Bewerberinnen und Bewerber erst mal gleich mit dem Team zusammen kochen müssen. «Taten und Gesten zählen mehr als Lebensläufe», sagt Geschäftsführerin Steiner. Die Geschäftsidee hinter Felfel ist simpel: Das Unternehmen nutzt das gestiegene Bewusstsein für die Ernährung und Verpflegung am Arbeitsplatz – und ermöglicht es jenen Firmen, die zu klein sind, um eigene Kantinen zu betreiben, Essen anzubieten. Konkret geht das so: Eine Firma wird Kunde, erhält einen Kühlschrank, und dieser wird von Felfel laufend aufgefüllt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bezahlen mit einer Kundenkarte, erhalten eine persönliche Nummer, ein persönliches Profil.
«Unser Algorithmus funktioniert gut», sagt Steiner. Die Details jedoch bleiben Geschäftsgeheimnis. Was sie sagt: Die Technologie heisse Namak (Persisch für Salz), und das Meteorologische spiele in den Modellen eine wichtige Rolle; insbesondere Wetterumschwünge seien ein wichtiger Faktor für das Kaufverhalten.
An der Holzwand in der Binz prangt der Umriss der Schweiz, eine Bastschnur markiert die Grenze. Aufgepinnt sind Nadeln mit Logos von Firmen – Bär & Karrer, Comparis, Amag, Doppelleu Brauwerkstatt. Ein Zähler daneben zeigt die Zahl 387, in so vielen Büros stehen mittlerweile Kühlschränke – alle senden live.
12.13 Uhr. Über einen Bildschirm in der Binz rattern Produktnamen, blaue und orange Balken türmen sich auf, schön aufgereiht. Sie stehen für die gekauften Produkte. An der Spitze: Pasta Cinque Pi. «Wie immer, wenn es im Angebot ist», sagt Daniela Steiner. «Das ist der Renner, der sichere Wert.»
Auch das Produktdesign bei Felfel ist datengetrieben. «Wir schreiben unsere Brownies nicht mehr prominent mit ‹glutenfrei› oder den Linsensalat mit ‹vegan› an», sagt Steiner. Die Labels hätten vermehrt Männer vom Kauf abgeschreckt, wie Tests gezeigt hätten.
Entscheidet sich eine Firma für einen Felfel, wird zuerst eine Standardversion ausgeliefert – und diese danach adaptiert. Dabei fanden die Analysten schon kuriose Muster. «Züri-Gschnätzlets, eigentlich sehr beliebt, läuft in Zürich nicht», sagt Steiner. Zudem seien die Romands experimentierfreudiger, und das Schweizervolk nehme den Znüni und Zvieri ziemlich ernst – «ausser dass der Zvieri um 15 Uhr konsumiert wird», so Steiner lachend. Und wenn man schon bei Traditionen ist: «Die Schweiz ist ein Schokoladenland. Kuchen, Joghurt, Riegel: Schoggi geht immer.»
Dennoch garantiert das noch keine Nachhaltigkeit. Deswegen ist bei der Lancierung eines Neuprodukts der Dienstag für die Datenauswertungen jeweils besonders wichtig. Am Montag kaufen es die «early adapters», also jene Leute, die generell gerne ausprobieren. «Am Dienstag sehen wir dann, ob es sich durchsetzen kann, ob es auch andere nehmen.» Was nicht selbstverständlich sei. «Quiche zum Beispiel funktionierte nicht», sagt Steiner.
Neue Gerichte und neue Düfte sind letztlich entscheidend für Felfel. Ein Kühlschrank voller Cinque Pi und Schokoladenkuchen würde wohl nur kurzfristig den Absatz sichern. Der Einheitsbrei würde den Kundinnen und Kunden verleiden, die Überraschung würde fehlen, die Umsätze schrumpfen. Das jedoch sagt bei Felfel kein Algorithmus, das ist ein Entscheid der Firmenleitung, frei nach dem Credo «Gefällt aus Leidenschaft zum Essen und aus unternehmerischer Überzeugung».